Brand Language: Jeder Kundenchat ist ein Markenerlebnis

Eine Marke wird von vielen Aspekten geprägt: Name, Design, Farben, UX und natürlich auch von der Sprache, die das Unternehmen wählt. Als IKEA in Deutschland begann, seine Kunden zu duzen, war der Aufschrei groß. Darf man das? Ist das nicht unhöflich? Nein, es ist IKEA.

Eine starke und eindrucksvolle Marke zu bilden, erfordert eine konsistente Marken-Wahrnehmung über die gesamte Customer Journey hinweg – von Werbemaßnahmen über die Website-Copy bis hin zur Kaufabwicklung. Und damit ist die Markenbildung noch nicht abgeschlossen. Hat ein Kunde eine Frage oder ein Problem mit dem Produkt, kommt der Kundenservice ins Spiel (E-Mails, FAQs, Live-Chat, Social Media, Chatbots und Co.) und führt den Markenaufbau weiter.

Gerade in kritischen Momenten der Marke-Kunden-Beziehung, also wenn der Kunde seine Kaufentscheidung eventuell hinterfragt, entsteht ein Moment Of Truth, der das Markenimage nachhaltig beeinflusst. Beachten Sie deshalb die folgenden drei Grundregeln für Ihre Brand Language.

  1. Eine Stimme über die gesamte Customer Journey
  2. Egal wie, Hauptsache authentisch
  3. Jeder Kontaktpunkt ist ein Brand Channel

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Eine Stimme über die gesamte Customer Journey

Bleiben wir bei dem Beispiel von IKEA. Die Sprache der Marke ist lebensfroh, geradlinig, freundlich und witzig. In der Werbekommunikation werden die Kunden auf Augenhöhe, mit einem leichten Augenzwinkern direkt angesprochen (“Wohnst Du noch oder lebst Du schon?”). Im Store selbst wird jeder Kunde geduzt. Die Mitarbeitenden sind lösungsorientiert und optimistisch.

IKEA Außenwerbung mit typischer Brand Language.
Wir haben uns längst daran gewöhnt, dass IKEA uns duzt. Alles andere würde sich “falsch” anfühlen. Quelle: erdgeschoss.at

Und dasselbe gilt auch für persönliche Support-Interaktionen und Chatbot-Dialoge. Auf ihrer Website beantwortet IKEA die Frage: „Verkauft IKEA auch Schuhschränke?“ mit: „Wer kennt das Problem nicht? Wohin mit den vielen Schuhen? Finde hier die Möglichkeiten, den richtigen Schuhschrank für dich auszuwählen.“

Wäre es nicht seltsam, wenn IKEA hier plötzlich siezen würde? Oder formal und rein pragmatisch antworten würde? IKEA gelingt es, durch einen konsistenten Tone Of Voice die Marke im geschriebenen Wort weiter zu prägen.

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Egal wie, Hauptsache authentisch

Um im direkten Kundendialog als Marke konsistent zu bleiben, bedarf es einer klaren Definition der Brand Language. Diese leitet sich, ähnlich wie das Design einer Marke, direkt aus der Markenstrategie ab.

Schaubild zeigt, welche Rolle die Brand Language für die Markenstrategie spielt.
Die Brand Language ist neben der Kommunikationsstrategie, der Content Strategie und dem Content Management einer der zahlreichen Aspekte im Bereich »Kommunikation«, die für den Aufbau einer konsistenten Marke nötig sind. Quelle: wirDesign

Welche Werte vertritt Ihre Marke? Welche Charaktereigenschaften weist sie auf? Welche Begriffe nutzt die Marke und welche lieber nicht? Die Antworten auf diese Fragen definieren den sprachlichen Korridor, in dem die Marke im Chat, aber auch in anderen Dialogmedien wie in Social-Media-Kanälen „spricht“. Bestenfalls bildet die Brand Language die Basis für sämtliche Markenkommunikation an allen Touchpoints.

Folgende Fragen sollten Sie sich zum Thema Brand Language immer stellen:

1. Welche Haltung wollen wir vermitteln?

Jede Marke vermittelt immer auch eine Haltung. Diese kann bewusst im Zentrum des Markenimages stehen oder nur am Rande auftauchen. Sie schwingt jedoch in jeder Kommunikation mit. Wenn Ihre Marke also stark haltungsgetrieben ist, sollte das auch in der Kundenkommunikation zum Ausdruck kommen.

Dazu fällt mir ein Beispiel der Marke true fruits ein, die für ihre provokante, teilweise grenzwertige Kommunikation bekannt ist. In den FAQ findet man folgende Frage: “Wer schreibt die Texte bei true fruits? Nehmt Ihr wirklich Pilze dabei?”. Die beruhigende Antwort des Saftherstellers: “Nein, wir brauchen dafür nichts zum Rauchen. Wir sind einfach merkwürdig!”

Definieren Sie im Vorfeld die drei bis fünf Eigenschaften Ihrer Brand Language. Dazu können gehören:

  • klug: Beziehen Sie sich auf Studienergebnisse, teilen Sie Best Practices
  • modern: Setzen Sie den Fokus auf Customer Engagement und die menschlichen Aspekte Ihres Unternehmens
  • neugierig: Steigen Sie tief in Themen ein, befragen Sie Experten und teilen neue Meinungen
  • lösungsorientiert: Geben Sie Ratschläge und erklären praktische Schritte
  • leidenschaftlich: Nutzen Sie starke Verben und motivierende Sprache
  • mutig: Verwenden Sie unerwartete Beispiele, nehmen Sie Gegenpositionen ein
  • verspielt: Nutzen Sie bunte Infographiken und unterhaltsame Beispiele
  • authentisch: Kommunizieren Sie direkt und ehrlich, was Ihr Produkt kann und was nicht
Skypes Marken-Richtilinie mit warmer Brand Language
Skypes Brand Language transportiert Wärme, Humor und Persönlichkeit. Quelle: Markenrichtlinie von Skype

2. Welchen Ton soll meine Marke anschlagen?

Die Tonalität bewegt sich hier zwischen den Polen förmlich/funktional und locker/witzig. Wer zu flapsig auf ein gefühlt ernstes Problem des Kunden reagiert, der läuft Gefahr, ignorant zu wirken. Eine zu distanzierte Sprache wiederum lässt Nähe und Menschlichkeit missen. Zudem ist es zielführend, stets lösungsorientiert und positiv zu kommunizieren. Definieren Sie dafür im Vorfeld Begriffe, die verwendet werden können und welche eben nicht.

Ein paar Beispiele:

  • „Problem” wird zu „Herausforderung”
  • „Das ist kein Problem” wird zu „Das ist selbstverständlich”
  • „Das ist nicht unsere Schuld“ wird zu „Als Lösung schlage ich vor…“
  • „Das war unser Fehler” wird zu „Hier liegt die Verantwortung bei uns.”

3. Duzen oder siezen wir?

In der deutschen Sprache wird mit der Verwendung des Du bereits eine gewisse Nähe aufgebaut. Das kann förderlich sein, muss es aber nicht. Gegebenenfalls fühlen sich Kunden so nicht ernst genommen. Siezen wiederum schafft eine gewisse professionelle Distanz, die je nach Markt und Produkt angebrachter sein kann. Grundsätzlich gilt: Versuchen Sie mit der Ansprache Ihrer Kunden so wenig Widerstand wie möglich hervorzurufen, um nicht vom eigentlichen Inhalt der Kommunikation abzulenken.

4. Wo setzen wir Grenzen?

Im Social Media haben wir gelernt, die Netiquette zu akzeptieren. Ein Dialog zwischen Marke und Kunde ist ein Gespräch auf Augenhöhe. Wie in jeder wertschätzenden Konversation sollten auch hier Grenzen gelten, auf deren Einhaltung man ganz klar bestehen kann.

Ganz klare Grenzen sollten bei sexistischen, rassistischen, diskriminierenden oder sonstig beleidigenden Ansprachen gezogen werden. Da darf man ruhig mal Antworten: “Entschuldigung, aber so geht das nicht. Bitte überdenken Sie nochmal Ihre Sprache und kommen später wieder auf uns zu. Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Tag.” Eine klare Kante schadet der Marke nicht, im Gegenteil: es beweist Haltung.

Sie sehen, so vielfältig die Markenwelt ist, so unterschiedlich kann auch die Kommunikation sein. Wichtig ist die Authentizität der Sprache in Bezug auf die Marke selbst. Oder können Sie sich vorstellen, dass Gucci Ihnen wie IKEA im Beispiel oben antwortet?

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Jeder Kontaktpunkt ist ein Brand Channel

Leider ist immer wieder zu beobachten, dass Unternehmen den Kundenservice und vor allem den direkten Dialog in Chats nicht konsequent für ihr Branding nutzen. Zu oft wird hier zwar richtigerweise lösungsorientiert gedacht, jedoch zu wenig auf die Marke geachtet. Klar, man muss dem Kunden helfen, sein Problem zu lösen, um keine unzufriedene Kunden zu haben. Und gleichzeitig gilt es diesen Touchpoint zu nutzen, um das zuvor teuer aufgebaute Markenimage nicht zu verwässern!

Unser Appell an unsere Kunden ist stets: Denken Sie in der Markenführung ganzheitlich. Dazu gehört auch die Brand Language. Identifizieren Sie alle Kontaktpunkte Ihrer Kunden mit Ihrer Marke und schaffen Sie klare Vorgaben für alle Personen, die für Ihre Marke sprechen.